Allein in einem fremden Land, ist man
eigentlich zunächst dann, wenn man die Sprache der Bewohner nicht
spricht.
Meine mangelhaften Russischkenntnisse
sind im Moment vermutlich das größte Hindernis.
Ich fühle mich allein, weil ich mich
mit niemandem richtig austauschen kann. Mein Russisch wird zwar Tag
für Tag besser, aber es ist Zeit richtigen Russischunterricht zu
bekommen.
Aus irgendwelchen Gründen zieht sich
das nur leider im Moment etwas hin.
Meine Gastmutter habe ich heute zum
ersten Mal seit 4 Tagen gesehen. Sie ist die Einzige, die „meine“
Sprache spricht und allein deswegen sehr wichtig für mich.
Ich habe sie aber vor allem, wegen
ihrer Person sehr vermisst. Ich hatte sie schon in Deutschland sehr
ins Herz geschlossen. Als sie heute nach Hause kam, hatte ich richtig
Tränen in den Augen, weil ich mich so gefreut habe sie wieder zu
sehen.
Sie ist irgendwo ein ganz guter Ersatz
für meine Eltern. (Die natürlich unersetzbar sind, aber ich denke
es ist verständlich, was ich meine!!)
Das tägliche Kochen für die Familie
macht mir sehr viel Spaß! Ich genieße die freien Minuten, Zeit zum Nachdenken und vor allem, die Freiheit zu kochen, was ich will! Bisher
hat es auch allen geschmeckt und das ist natürlich die größte
Freude des Kochs!
Als ich dann abends nach Hause kam, hatte Rita sich um Essen für mich und ihren Neffen (Maxim)
gekümmert. Er ist 13 Jahre alt und versteht sich sehr gut mit Rita,
deswegen ist er viel bei ihr.
Mittlerweile wissen hier eigentlich alle, wie gerne ich tanze und da unser Internet seid heute nicht mehr
funktioniert, wollte Maxim Tanzen lernen.
Also haben wir mit meinem Laptop für
Musik gesorgt und in meinem Zimmer (dem Wohnzimmer) angefangen zu
tanzen. Am Aufwärmen hatte er nicht so viel Spaß aber als es dann
richtig los ging nahm sein Ehrgeiz richtig zu. Hin und wieder kam
Rita ins Zimmer und hat ihm (versucht) zu zeigen, wie es richtig
geht!
Etwas das ich hier viel beobachte ist,
dass die Mütter oft dazu neigen nach dem Motto: „ Du kannst das
nicht! Lass mich das machen!“ zu handeln.
Den Kindern wird selten der Freiraum
gelassen, etwas selbstständig zu üben.
Die Theorie meiner Gastmutter zu diesem
Thema ist auch, dass daher vor allem die Männer nicht sonderlich selbstständig werden und oft ihr Leben lang regelrecht abhängig von
den Frauen sind.
Kurz vor meiner Abreise habe ich mich
in Deutschland mit einer Freundin auf einen Kaffee getroffen. Sie ist
eine junge Bahai aus Freiburg und ich habe sie sehr ins Herz
geschlossen.
Sie schenkte mir eine Wärmflasche mit
einem selbst gestickten Überzug.
Unwissend wie wichtig das hier für
mich werden würde, habe ich mich allein über die Geste so wahnsinnig
gefreut! - WOW selbst gestickt!!
Mittlerweile weiß ich die Wärmflasche
allerdings schon doppelt zu schätzen, denn Rita liebt es ihre
Wohnung zu lüften!
Nach der Arbeit verbringe ich meine
Zeit entweder mit Rita und ihrer Familie, oder ich bin alleine in
meinem Zimmer. Da ich noch nicht wirklich viel Alternativen habe.
Allerdings fällt mir auf, dass ich mich zunehmend mehr mit meinem
Glauben auseinandersetze.
Die letzten Jahre habe ich wenig gebetet, obwohl das tägliche Gebet in der Bahai Religion sehr
empfohlen, wenn nicht sogar als Pflicht betrachtet wird.
Hier allerdings greife ich öfter zu
meinem Gebetbuch, als gewohnt. Es tut mir gut und ich denke darum
geht es doch?! Wenn ich nur aus reinem Pflichtbewusstsein Beete, dann
verliert es seinen Sinn!
Mir gibt das Beeten inzwischen wirklich
Kraft. Es ist für mich ein gewisser Halt. Das vertraute, in der
Fremde.
Von heute auf morgen täglich sehr viel
Zeit mit zwei Kindern zu verbringen habe ich in Deutschland eindeutig
unterschätzt. Nicht, weil es so anstrengend ist, sondern weil so
viel Sozialkompetenz dazu nötig ist. Ständig überlege ich, ob ich
mich denn auch wirklich richtig verhalte und wenn nicht, wie ich es
besser machen kann.
Das Ganze hat mich so sehr beschäftigt,
dass ich meine Eltern auf das Thema angesprochen habe und sie um Rat
zu fragen.
Beide waren sich einig, dass ich zwar
mir selber treu bleiben soll (im Sinne von, wenn irgendetwas ist,
dass mir wiederstrebt das auch zu äußern), aber dennoch in diesem
Jahr für die Kinder mehr eine Freundin, als ein Erzieher sein soll.
Dieser Rat hat mir sehr geholfen, vor
allem auch um loszulassen von meiner Anspannung.
Ich werde im kommenden Jahr nicht alles richtig machen, aber ich werde mich darum bemühen eine gute Freundin
zu sein!
Abends im Bett bin ich noch auf einen
Bahai-Text gestoßen, den mir meine Mama vor einiger Zeit gegeben
hat, in dem steht:
„ Das wirkliche Leben zu leben heißt:
Nie die Ursache der Kummers für irgend jemanden werden.(...)“
Ein, wie ich finde, wunderbares Ziel.
Wenn auch nicht gerade einfach.
In diesem Text, des Offenbarers der
Bahai Religion (Baha'u'llah) stehen auch noch viele Andere
interessante und schlaue Dinge.Aber für den Anfang ist das ein (Mein) Ziel fürs ganze Leben.
Oh und ich war gestern beim Friseur;)