Dienstag, 4. Juni 2013

Angekommen?!


Zurück in Deutschland. Noch vor neun Monaten hätte ich erwartet, das der Tag meiner Rückkehr der glücklichste überhaupt werden würde. Stattdessen muss ich jetzt erst mal wieder aus einem Loch der Trauer rauskommen und mich hier eingewöhnen. Zu Freunden und Familie besteht eine Nähe, als wäre ich nie weg gewesen und gleichzeitig sind wir so weit von einander entfernt, weil wirklich keiner weis was die letzten Monate aus mir gemacht haben. Es braucht Zeit um sich wieder nah zu kommen. Ich bin wie immer wieder krank. Nicht zuletzt weil mich der Abschied psychisch belastet. Aber zunächst will ich die letzten Wochen in Russland Revue passieren lassen.

Mein Ziel für das vergangene Jahr war es meine Russischkenntnisse zu verbessern. Obwohl Bestätigung allein schon jedes Gespräch auf russisch war wollte ich noch eine Russischprüfung ablegen. Dazu musste ich dann ordentlich pauken. Ich bin jeden Tag nach der Arbeit in ein Kaffee gegangen, weil zu Hause zu viel Ablenkung durch Besuche oder Computer war. Dort habe ich dann intensiv noch 2-4 Stunden gelernt. Meine Russischlehrerin Jana hat wirklich gute Arbeit geleistet nicht zu letzt deswegen, weil ich meinen Test für Russisch B1 auch bestanden habe.
Mit diesem Diplom kann ich in Russland studieren und bin wirklich mächtig stolz auf mich. Während der Vorbereitungsphase auf das Examen hatte ich auch noch alle Hände voll zu tun um meine bevorstehende Abreise zu organisieren. 


Auch von meiner lieblings- Obst und Gemüse Händlerin musste ich mich verabschieden


Geplant war ein Paket mit Kleidung und Büchern von 20 Kg nach Deutschland zu schicken. Letzt Endes musste ich alles verschenken, da die Bürokratie der russischen Post kaum zu überwinden war!- Auf jeden Fall nicht für mich!

Auch meine Lieblingsmütze musste in Sibirien bleiben!



Am Samstag vor meiner Abreise haben sich alle Freunde zu einem schönen Abend versammelt! Wir waren zuerst in einem Kaffee, danach in einer Bar, anschließend in einem Club und bis in den Vormittag des nächsten Tages dann noch in der Küche von zwei Freunden. Mal unabhängig von allen tollen Qualitäten meiner Freunden- sie wissen wie man richtig feiert!



Meine Mitbewohnerin Valja



Das ich keinen Alkohol trinke war in Russland überhaupt kein Problem. Viele haben es mir allerdings nicht sofort geglaubt und dann zunächst gefragt ob ich denn auch kein Bier trinke, da das auch bis heute noch nicht wirklich als Alkohol angesehen wird!

Zumindest in Ulan-Ude haben meine Freunde das russische Wodka Klischee erfüllt! Wenigstens wurde selten über einen Kater am nächsten Tag geklagt!

Montag hatte ich dann meinen letzten Arbeitstag! Dienstag hatte ich noch frei um allerhand zu erledigen und war zum Abendessen noch mit meiner Gastfamilie in einem Grillhaus. Ich habe bis zum letzten Moment nicht realisiert, dass das unser letztes gemeinsames Essen war.

Abends kamen 8 Freunde zu besuch. Wir wollten die Nacht „durch Machen“ und am nächsten Morgen gemeinsam zum Flughafen fahren. Ich hatte während der letzten zwei Monate in Russland noch einen Freund. Der konnte sich allerdings nicht wirklich für mich entscheiden und obwohl er zu diesem Zeitpunkt wieder mit seiner Exfreundin zusammen war kam er noch in derselben Nacht um sich zu verabschieden. Er ist wirklich ein toller Kerl, aber eine Zukunft haben wir nicht zusammen. Und egal wie naiv ich immer wieder sein kann, ist mir das doch auch bewusst. Die ganze Sache ist natürlich alles in allem etwas komplizierter. 


Abschied am Flughafen




Doch inzwischen vermisse ich nicht nur ihn, sondern auch unsere „Freunde“ aus St. Petersburg. Mittwoch ging es nämlich nicht direkt zurück nach Deutschland sondern in Russlands „zweite Hauptstadt“. Zusammen mit meiner amerikanischen Freundin Arielle sind wir vom Flughafen mit Bus und Metro in unser zentrales und günstiges Hostel gefahren. Das war eine ganz schöne Tortur, da mein Koffer allein rund 31 Kg wog.

Wir hatten ein Zimmer mit einem 35 jährigen Ingenieur und einem 22 jährigen Studenten, beide aus Russland. Außerdem arbeiten in dem Hostel zwei junge Rezeptionisten mit denen wir uns auch auf Anhieb gut verstanden haben. In einem anderen Zimmer lebten ein Musiker, ein Dichter weitere Studenten und deutsche Touristen. Entweder haben wir alle zusammen Ausflüge gemacht, Filme geschaut oder zusammen gekocht und gelacht.

Allein wegen unserer kleinen „Hostelfamilie“ war es eine wirklich gelungene Woche! Meine Freundin Arielle kannte sich in der Stadt schon aus, da sie selbst schon vier Monate dort gelebt hatte. Sie hat mich rumgeführt und wir haben uns die Füße platt gelaufen. Mir zu liebe ist sie sogar an einem Abend noch mit mir in einen Club gegangen. Dort haben wir zwei 18 Jährige St. Petersburger kennen gelernt mit denen wir uns auch anschließend noch zwei Mal getroffen haben! Ganz nette Jungs, die mir schon angekündigt haben mich in Deutschland zu besuchen! 





 Arielle: FUN, FUN,FUN




Ein Kanal bei Nacht



Metro




Die Auferstehungslirche

Donnerstagmorgen bin ich dann in mein Flugzeug nach Köln gestiegen. Dort wurde ich mit lautem: „ Pia, Pia, Pia, Pia....“ am Flughafen von meinen Eltern, Schwestern, Nichten und Neffen erwartet. Es war ein schönes nach Hause kommen. Total übermüdet ging es dann im Miet-Wohnmobil meiner Eltern zu meiner Schwester bei der wir ein leckeres Mittagessen und wenige Stunden zusammen hatten, denn zum Abendessen waren wir noch bei meinem Opa zu Besuch.

Freitagmorgen ging es dann endlich zurück nach Freiburg.

Kurz nach unserer Ankunft kam schon meine Freundin Kerstin zu Besuch. Ich brauchte eine halbe Ewigkeit um etwas Passendes zum Anziehen zu finden. Einen Kleiderschrank voller Sachen, das hat erst mal für Überforderung gesorgt!

Überhaupt die Fülle an Dingen um mich herum war mehr Schock, als Genuss. Ich musste im vergangenen Jahr mit so viel weniger klar kommen, gerade in meiner Wohnung, die im Gegensatz zu der meiner Gastfamilie eher russisch eingerichtet war. Ich denke es war eine wichtige Erfahrung, allein um zu sehen was man alles zum glücklich sein (nicht) braucht.

Das ist vermutlich die wichtigste Erkenntnis aus den vergangenen Monaten: Egal wo du bist, für dein Glück bist du selbst verantwortlich!

Es gibt ein russisches Sprichwort: „Es ist immer dort schön, wo wir gerade nicht sind.“

Wie wahr.

Ich hoffe auf viele neue Chancen hier in Deutschland, eine baldige Reise nach Russland, ein Wiedersehen mit allen Freunden und vielleicht sogar ein Leben im nahen Russland.

Es braucht Zeit um diese Fülle von Eindrücken zu verarbeiten und auch sie in Worte zu packen, aber jetzt genieße ich erst einmal das Wiedersehen mit Familie und Freunde und vielleicht hört ihr ja bald wieder von mir! Von einem neuen Abenteuer.

Vielen Dank für alle, die mich in diesen neun Monaten in Sibirien begleitet haben.