Bis auf mein Gewicht war die letzte
Woche eher unter, als überdurchschnittlich.
Angefangen damit, dass ich aufgrund von
zu niedrigem Blutdruck und dem Verlust meines Piercings von meinem
sicheren Sitzplatz auf dem Badewannenrand nach einem Ohnmachtsanfall
aus einem wunderbaren Traum, IN der Badewanne aufgewacht bin. Mein
Kopf seit dem mit dem, wohl heftigen Aufprall zu kämpfen hat. Man
könnte meinen mir wäre langweilig.
Vor drei Tagen bin ich mit Sack und
Pack bei meinem deutschen Freund Flo aufgelaufen. Begleitet von einem
netten Taxifahrer, der mir ein Video von seinem 6 jährigen Sohn
zeigte und danach meine Handynummer haben wollte habe ich meinen
Haushalt bei Rita innerhalb von 30 Minuten komplett aufgelöst.
Zugegeben, das ging alles sehr schnell. Um der Reihe nach zu gehen...
Von dem Privatsphäre-Problem
meinerseits habe ich ja schon von einiger Zeit erzählt.
Dazu kamen noch ein paar Kleinigkeiten,
mit denen ich hätte leben können aber um ein Aufstauen zu
vermeiden, war ein Gespräch mit Rita geplant. Dabei sollten mich
meine Gastmutter und mein Gastpapa unterstützen, da mein Russisch
lange nicht ausreicht, um solche Dinge zu formulieren.
Aus irgendeinem Grund schien Rita aber
nicht an einem Gespräch interessiert zu sein und fand immer wieder
einen Weg, um dem auszuweichen. Daraufhin rief meine Gastmama sie
nach ein paar Tagen an. Das Ergebnis des Telefonates war, dass ich an
meiner Wahrnehmung zweifeln musste und gar keine Lust mehr hatte
überhaupt noch eine Nacht mit Rita unter einem Dach zu verbringen.
Anstatt eines ruhigen Gesprächs konnte
Rita gar nicht mehr aufhören sich über mich zu beschweren. Es
schien, als wäre ich die furchtbarste Mitbewohnerin, die man sich
überhaupt vorstellen konnte. Ich hatte meine Schuhe nicht ordentlich
geputzt, das Licht im Bad angelassen, ihre Marmelade gegessen und NIE
das Geschirr gespült. Das ist noch lange nicht alles denn die Liste,
der meiner Meinung nach, absurden Vorwürfe,zieht sich noch in die
Länge.
Ich hoffe allerdings nicht mehr lange
obdachlos zu sein. In den nächsten Tagen wird hoffentlich ganz Ulan-
Ude darüber nachdenken, ob sie sich eine kleine deutsche Blondine
als Untermieterin antun wollen. Wobei es mir hauptsächlich um eine
feste Bleibe für den Rest der Aupair -Zeit geht. Flo ist wirklich
ein super Kerl und hier eigentlich meine
Hauptbezugsperson/Gesprächspartner/engster Freund-, dem ich sehr
dankbar bin, dass er mich hier so herzlich aufgenommen hat.
Gerade lese ich von Alfred Adler „
Menschenkenntnis“. Zugegeben ich bin noch relativ am Anfang, was
daran liegt, dass es kein leichter Stoff ist. Aber interessant ist,
dass schon ganz am Anfang der Buchtitel schon als zentrales Thema
gehandelt wird, was wiederum zum Nachdenken anregt.
Mit meiner Gastmama habe ich heute über
den Zusammenhang zwischen dem russischen Schulsystem und dem Mangel
an Empathie gesprochen. Während in Deutschland von der 6. Klasse an
das Einfühlungsvermögen in Form von Erörterungen geprüft wird,
steht das überhaupt nicht im Lehrplan der russischen Schulen.
Vermutlich hat das seinen Ursprung in der Geschichte der Sowjetzeit.
Lenin wusste ganz genau, dass die Geisteswissenschaftler eine Gefahr
für ihn bedeuten könnten. Daraus folgte eine gezielte Einschränkung
des selbstständigen Denkens.
Man sollte sich gar keine Gedanken
darum machen, wie es besser sein könnte. Tragisch ist das sich daran
noch nichts geändert hat.
Rita tat sich beispielsweise wahnsinnig
schwer damit zu verstehen, dass meine Eltern kein Russisch sprechen,
als ob es zur Allgemeinbildung gehören würde ein paar Brocken
Russisch zu verstehen.
Oder auch bei
Kommunikationsschwierigkeiten und dem naheliegenden langsamen
Wiederholen des Satzes oder einfacherem Formulieren, wird oft
entweder doppelt so schnell oder doppelt so viel gesagt.
Ich muss in diesem Zusammenhang klar
sagen, dass Ulan- Ude und die Russen/Buryaten die ich hier
kennenlerne vermutlich nicht vergleichbar sind mit den Einwohnern aus
größeren Städten Russlands. Wir leben hier in der russischen
Provinz und sind sicherlich weit mehr russischen Eigenheiten
ausgesetzt, als wir es im fast schon europäischen Moskau oder St.
Petersburg wären.
Eine kleine aber wichtige Korrektur zu
meinen vergangen Einträgen ist zudem auch, dass meine Aussagen über
„die Russen“ nicht auf alle zutrifft, aber doch im Kollektiv
meine Beobachtungen sich meist bestätigen.
Die absolute Vorfreude habe ich, dank
meiner Reise nach Deutschland am 5. Dezember. Ich werde allerdings
nur in Berlin und Hamburg sein. Denn in Hamburg werde ich beiz
„Struss und Partner“
sein(http://www.strussundpartner.de/index.php).
Dort erwartet mich eine ausführliche Studienberatung und danach habe
ich hoffentlich einen etwas genaueren Plan, wie es im Sommer 2013
weiter geht. Außerdem sehe ich meine Mama, die mich zu diesem Termin
begleitet. Auf dem Rückweg habe ich noch einen Tag in Berlin Zeit,
den ich dann mit ganz vielen tollen Menschen verbringen darf. Obwohl
es natürlich gefährlich ist und ich einen erneuten Abschied vor mir
habe überwiegt die Vorfreude. Dazu kommt, dass ich mich auch wieder
auf zu Hause, in dem Fall Russland, freue!
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