Gerade sitze ich auf der Fensterbank
unserer Küche, kann es kaum glauben, dass wir in Sibirien die
Plusgrade pünktlich mit Frühlingsanfang (hier am 01.03). Inzwischen
beginnt der Schnee zu schmelzen und bei einem Blick aus dem Fenster
überwiegen die Grautöne.
Die großen Abstände zwischen meine
Blogeinträgen zeigen, dass mir in der letzten Zeit die Ruhe gefehlt
hat das geschehene in Worte zu fassen. Dabei gibt es so viel zu
erzählen. Meine Erfahrungen in der Fahrschule, der Besuch meiner
Eltern und was sonst noch so passiert ist.
Am 12.01. hatte meine beste Freundin
hier (Seseg) Geburtstag. Wir haben ihr eine Geschekekiste mit einer
Menge Reiseutensilien zusammengestellt und ich habe noch mit
Unterstützung meiner Gastmama einen Kuchen für sie gebacken. Da
Amerika das Land ihrer Träume zu sein scheint lief der Abend unter
dem Motto: Live you're dream!
Wir waren in einem neueren Club der
Stadt und mein Herz hat bei der Musik höher geschlagen.
Vor ein paar Wochen war ich dann auch
noch auf dem Geburtstag eines Freundes eingeladen.
Die Zahl meiner Freunde beschränkt
sich hier auf rund fünf. Trotz der vielen netten Menschen fällt es
mir schwer neue Kontakte zu knüpfen, was sicherlich auch an der
Situation als Aupair liegt, weil man sich in der Regel nicht in einem
sozialen Umfeld von Gleichaltrigen bewegt. Trotzdem wird von Woche zu
Woche der Gedanke an einen Abschied von diesen Leuten wirklich
schwerer.
Zurück zum Geburtstag. Das
Geburtstagskind hat uns zum Chinesen eingeladen. Nebenbei ist zu
bemerken, dass das Essen super lecker war. Er hatte einen kleinen
Raum gemietet in dem rund 20 Leute Platz fanden. Ich saß also an
einem Tisch mit 19 Burijaten. Das war das erste Mal, dass wirklich
kein Russe dabei war. Typisch für russische Geburtstage ist nicht
nur Wodka, sondern auch die Reden der Gäste. Da mein Russisch
inzwischen besser ist wurde also auch ich aufgefordert eine Rede zu
halten. Dabei stellte sich heraus, dass ich die Wörter Glück und
Freude nicht kannte. Dank eines Freundes der der englischen Sprache
mächtig war habe ich das dann auch irgendwie noch
überwunden.Anschließend ging es noch in einen Club, den ich
allerdings nach einer Stunde auch wieder verlassen habe, weil mein
Mitbewohner ohne Schlüssel vor der Tür stand. Trotzdem hat es sich
gelohnt, alle waren super freundlich und es war ein sehr schöner
Abend.
Ein paar Tage später ging es auf einen
Ausflug mit ausländischen Studenten der Uni in die Grenzstadt zur
Mongolei Kyachta.
Gemeinsam mit einer Freundin, die eigentlich
unfreiwillig mitgegangen ist, haben wir uns einen schönen Tag
gemacht. Die fünfstündige Hin- und Rückfahrt mit guter Musik und
Spracherweiterung verkürz,t und bei minus 40 Grad zum ersten Mal zu viel bekommen. Ich weiß jetzt, wirklich kalt ist es, wenn ich
mein Handy nicht mal mehr mit der Nase bedienen kann.
Im städtischen Museum haben wir uns
durch eine Menge ausgestopfte Tiere, aber auch durch die Geschichte
der Buriaten mehr oder weniger gequält. Da es ein Uniausflug war
wurden wir im Museum von 4 Klassen des städtischen Gymnasiums
überrascht. Diesen wurde unsere Universität vorgestellt und wir als
Ausländer sollten etwas Werbung machen. Da keiner fehlerfrei
Russisch spricht war die Hemmschwelle groß, aber am Ende haben doch
einige etwas erzählt. Ein chinesischer Student hat beispielsweise
berichtet, dass ihm die Frauen hier besonders gut gefallen. Und ich
konnte nur wiederholen, wie kalt es ist! Interessant war für mich
aber auch zu sehen, wie gut oder weniger gut mein Russisch inzwischen
ist, da wir alle gleich lang in Russland sind stand ein Vergleich
nahe. Und ich würde mal behaupten, dass ich mich ganz gut mache.
Somit komme ich meinem Ziel die Sprache zu lernen immer näher.
Während der langen Fahrten und den
vielen Schlaglöchern haben es die überwiegend asiatischen Studenten
tatsächlich geschafft zu schlafen. Sind aber von Schlagloch zu
Schlagloch immer wieder hochgeschreckt weil sie mit dem Kopf bis an
die Knie gestoßen sind. Ich hatte meinen Spaß, kann mir aber nicht
vorstellen, dass es ein erholsamer Schlaf war!
In Ulan- Ude kamen wir erst wieder spät abends an. Die Stadt war hellbeleuchtet und ich war einfach nur
glücklich. Bei Nacht sind sich alle Städte doch irgendwie ähnlich.
Meine Wohnsituation hat sich erheblich
verbessert. Abgesehen davon dass der Bruder meiner Mitbewohnerin noch
nicht ganz zu wissen scheint, wie man eine Toilette ordentlich
hinterlässt fühle ich mich hier wirklich wohl. Ich habe meine Ruhe,
aber verstehe mich doch auch gut mit allen.
Gerade meine Mitbewohnerin (Valja)ist
anfangs sehr viel auf mich zugekommen und hat mir damit sehr
geholfen. Wir sitzen öfters zusammen und reden einfach über alles.
Hier lebe ich zum ersten Mal wirklich
selbstständig. Wir putzen, kochen, waschen und es läuft wirklich
gut. Ich spreche mich mit Valja ab, aber vieles läuft auch einfach selbstständig!
Mein Lieblingsplatz ist wirklich das
Fensterbrett. Obwohl die Temperaturen draußen zum Teil bei minus vierzig Grad
liegen, haben wir hier super viel Sonne, die sich hier am besten
genießen lässt.
Wie angekündigt habe ich hier eine
Fahrschule aufgesucht und bin auch fleißig drei Mal die Woche
Morgens von 9-12 Uhr zum Theorieunterricht erschienen. Als sich aber
dann herausgestellt hat, dass es nicht bei den neun Wochenstunden
bleibt, sondern noch mindestens neun Stunden Praxisunterricht dazu
kommen, bin ich trotz Anzahlung nicht mehr hin gegangen. Da ich zu
Hause auch noch Hausaufgaben, plus Vokabeln lernen muss wäre ich
einfach zu sehr eingespannt. Auch wenn es wirklich reizvoll ist mit
einem Führerschein, wieder zurück nach Deutschland zu kommen, denke
ich, war es die richtige Entscheidung.
Meine Freundin, mit der ich zusammen
angefangen habe bestätigt meine Entscheidung nur durch ihr
„Gejammer“, weil sie kaum Zeit hat.- Da soll noch mal einer
sagen, der Führerschein in Russland entspricht dem deutschen
Standard nicht!
Meine Eltern habe ich am Morgen vom
07.2. am Flughafen abgeholt. Weil sie als Letzte aus dem Flugzeug
kamen konnte ich sie erst nach einem Schreck in die Arme nehmen-ich hatte vermutet, dass sie den Flieger in Moskau vielleicht verpasst haben. Was
ist wenn sie also doch nicht in dem Flugzeug sitzen?!
Beide kamen mit neuen Winterjacken und
angeschlagen bei minus 40 Grad an. Das Mama nicht nur angeschlagen
war zeigte sich dann in den nächsten Tagen. Sie konnte hauptsächlich
nur im Bett liegen und ich meine Freude über die Anreise in
Hühnersuppe ausdrücken.
Ab der zweiten Nacht hatten sie eine
nette kleine Wohnung für sich, die dann zu meinem zweiten zu Hause
wurde. Eine Nacht musste der Boden und Jacken als Bett hinhalten,
Hauptsache war die Zeit zu nutzen.
Aus verschiedenen gesundheitlichen
Gründen musste in einer Nacht auch die Notärztin in die Wohnung kommen.
Anschließend ging es ins Krankenhaus- Diagnose: beginnende
Lungenentzündung.
Die Notärztin war wirklich ein Engel.
Und auch noch die nächsten drei Tage jeder Zeit telefonisch für uns
zu erreichen.
Als es Mama dann langsam etwas besser
ging, konnten wir auch noch kleine Ausflüge machen.
Für mich war es eine super eigenartige
Erfahrung, dass meine Eltern mich besuchen kommen. So sehr ich mich
auch gefreut habe. Mir wurde deutlich, dass ich einen Schritt in
Richtung Erwachsenwerden gemacht habe. Damit einen Schritt weg von
meinen Elten.
Anfangs dachte ich der Abschied nach
acht Tagen würde mir wahnsinnig schwer fallen, aber ich kam
erstaunlich gut damit klar. Der Alltag ging schließlich weiter.
Da ich mir glücklicher Weise frei
nehmen konnte, als meine Eltern zu Besuch waren, fing also nach acht
Tagen wieder der Arbeitsalltag an.
Im Koffer meiner Eltern gab es dann noch ein paar Mitbringsel aus Deutschland. Unteranderem einen Brief von meinem Lieblingsnachbar und den Teddy-Jackson (in Erinnerung an meine Lieblingsbar die Jackson Pollock) von meiner Freundin Kerstin! VIELEN DANK DAFÜR!
Nebenbei haben wir (Seseg und ich )
noch an einem Tag eine Gruppe Deutscher, die auf der Durchreise waren, durch unser "Städtchen" geführt. Haben eine super nette Bar ausfindig
gemacht (einen IRISH PUB). Und ich habe einen netten Kerl kennen gelernt.
Das hat sich aber dann relativ schnell wieder erledigt, als es mich
alle zwei Stunden per SMS gefragt hat was ich mache.
Da ist mir meine Freiheit dann doch zu
wichtig!
Allerdings ist das auch eine
Kulturfrage, denn eine Russin, die nicht umworben wird sorgt sich um
mangelndes Interesse und ist deswegen unglücklich. Der Liebste kann
zwar nichts dafür, dass ich eine Deutsche bin, aber das muss
wirklich nicht sein.
Auf der Arbeit bin ich immer wieder auf
der Suche nach Programm für die Kinder. Mein persönliches Highlight
war unser Zirkustag, an dem wir eine Zirkusaufführung geprobt, ein
Plakat gemalt, Süßigkeiten eingekauft und anschließend vor den
Eltern eine 3 Minuten Aufführung hatten.
Essen und Trinken darf ich für zwanzig
Tage im Moment nur vor sonnen Auf und Untergang, da vom 2.-20 März
die Fastenzeit bei den Bahais ist. Ich habe mich so sehr darauf
gefreut, dass ich sogar einen Tag vorher angefangen habe. Obwohl es
mir die letzten Jahre immer wahnsinnig schwer gefallen ist, habe ich
jetzt überhaupt kein Problem damit. Aber ich habe ja auch noch ein
paar Tage vor mir!
Vor knapp drei Wochen ist eine junge
Österreicherin hier angekommen. Sie wird bis Mitte Juni hier sein
und als Lehrerin an der Uni arbeiten. Weil sie heute Abend zum "Fastenbrechen" zu Besuch kommt muss ich jetzt auch wieder Schluss
machen. Ich lasse mit dem nächsten Blogeintrag aber nicht wieder so
lange auf mich warten!- VERSPROCHEN.
PS: Über SKYPE Dates freue ich mich immer wieder! Ab und zu, gibt es dann auch Mal lustige Ergebnisse..<3
(das ist eine Hand;) )
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