Ein Spaziergang mit der Kleinsten
Drei Wochen sind vergangen. Ich bin im
Alltag angekommen und habe mich auch an meine Umgebung gewöhnt. Seit
heute gehen die beiden Kleinen in den Kindergarten und ich werde erst
ab mittags gebraucht. Um halb eins, nach dem Mittagessen hole ich
dann beide ab und „bespaße“ sie noch zu Hause. Eigentlich ist
der Kindergarten ganztägig, aber sonst wäre ich ja auch überflüssig
hier. Mein Job hier ist also ein Kontrastprogramm zu dem russischen
Kindergarten zu bieten.
Wie ich bisher erfahren habe, läuft
alles etwas strenger ab. (Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich das
schon erzählt habe, wenn ja müsst ihr es halt noch mal lesen!)
Beispiel:
In der Regel läuft es so ab, dass alle
Kinder zur gleichen Zeit, das gleiche tun. Angenommen es wird
gemeinsam gemalt, dann mit Vorgabe, was gemalt wird. Die
Kindergärtnerinnen sitzen mit den Kleinen am Tisch und es werden
beispielsweise Schneeflocken gemalt. Wenn eines der Kinder allerdings
zur blauen Farbe greift, wird gleich deutlich gemacht, dass
Schneeflocken weiß sind und man sie deswegen nicht blau malt.
Was ich also mit den Kindern mache?
Wir malen lilablassblaue-,
orangengrüne- und schwarzgelbe- Schneeflocken, oder grüne Brote.
Wenn wir nicht gerade malen, wird
gepusselt, verstecken gespielt, getanzt oder geknetet. Wir gehen auf
den Spielplatz, einkaufen oder einfach nur spazieren.
Als ich noch zu Hause war, habe ich mir
oft ausgemalt, was hier auf mich zu kommt, aber all meine Erwartungen
wurden übertroffen. Ich bin hier überwiegend die große Schwester.
Klar gibt es Momente, in denen ich grenzen ziehen muss, aber es ist
überwiegend entspannt.
Beide Kinder sind wirklich zum Fressen
süß. Was wirklich spannend ist, wie charakter- und willensstark
Kinder, schon im jungen Alter sind. Auch wenn ich manchmal ganz
glücklich mit ein paar Minuten Ruhe bin, freue ich mich trotzdem
immer wenn die Kleinen nach mir schauen oder rufen. Das Gefühl zu
wissen, da ist jemand der dich braucht, ist neu aber irgendwie
spannend.
Der Russischunterricht bringt mich
wesentlich weiter und ich lerne Dinge, von denen ich vorher nicht mal
wusste, dass es sie gibt. Rita hilft mir abends immer bei den
Hausaufgaben und manchmal würde sie sich am liebsten hinsetzen und
es selber machen!
Wir machen Rollenspiele und lachen,
weil ich so viele Fehler mache.
Am Samstag (mein freier Tag) habe ich
die Bahai Gemeinde aus Ulan-Ude kennengelernt, oder zumindest einen
Teil davon. Ich habe mich sofort wohl gefühlt, vermutlich auch
deswegen weil allein der Ablauf mir sehr vertraut war.
Danach habe ich mich mit Olja in der Stadt getroffen, sie hat mich zu einem Spaziergang verpflichtet und wir sind am Pier, der Uda entlang gelaufen.
Danach habe ich mich mit Olja in der Stadt getroffen, sie hat mich zu einem Spaziergang verpflichtet und wir sind am Pier, der Uda entlang gelaufen.
Die Stadt Ulan- Ude hat ihren Namen dem
in den Baikal mündenden Fluss, der Uda zu verdanken.
Die sibirische Gegend hinter dem Baikal
wurde zur Zeit Alexanders des Ersten und im Anschluss durch Nikolai
den Ersten (um 1825) als Verbannungsort genutzt. Auch daher kommt der
etwas negativ begleitete Ausdruck, der Provinz.
Um mich herum leben hier vorwiegend
Buriaten. Vom Aussehen her würde ich sie als eine Mischung aus
Chinesen, Mongolen und Russen beschreiben. Auffällig war auf meinem
Spaziergang an der Uda war, dass alle 5 Meter eine neue Gruppe
Jugendlicher saß und Alkohol konsumiert hat, da kommen bei einem
etwa 2 Kilometer langem Pier, schon einige zusammen.
Im Zentrum der Stadt gibt es einen
großen zentralen Platz, der Vorwiegend am Wochenende, voll mit
Hochzeitsgesellschaften ist. Russische Hochzeiten gelten schon als
pompös, aber buriatische Hochzeiten scheinen das noch mal zu
übertreffen.
Der Leninkopf,mitten auf dem zentralen Platz
Der Leninkopf,mitten auf dem zentralen Platz
Außergewöhnlich ist nicht nur die
Anzahl der Hochzeiten, sondern auch die Anzahl, der bereits zum
Zeitpunkt der Hochzeit schwangeren Frauen.
Mangelnde Verhütung, aber auch die
Tatsache, dass es sich einfach nicht gehört unverheiratet Kinder zu
bekommen, sind die Gründe dafür.
Die AIDS-Rate in ganz Russland liegt
bei knapp über einem Prozent. In Deutschland bei vergleichsweise 0,1
Prozent. Allerdings kann man den Vergleich auch zu Swasiland suchen,
wo es sich um etwa 26 Prozent handelt.
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