Donnerstag, 30. August 2012


Allein in einem fremden Land, ist man eigentlich zunächst dann, wenn man die Sprache der Bewohner nicht spricht.

Meine mangelhaften Russischkenntnisse sind im Moment vermutlich das größte Hindernis.
Ich fühle mich allein, weil ich mich mit niemandem richtig austauschen kann. Mein Russisch wird zwar Tag für Tag besser, aber es ist Zeit richtigen Russischunterricht zu bekommen.
Aus irgendwelchen Gründen zieht sich das nur leider im Moment etwas hin.

Meine Gastmutter habe ich heute zum ersten Mal seit 4 Tagen gesehen. Sie ist die Einzige, die „meine“ Sprache spricht und allein deswegen sehr wichtig für mich.
Ich habe sie aber vor allem, wegen ihrer Person sehr vermisst. Ich hatte sie schon in Deutschland sehr ins Herz geschlossen. Als sie heute nach Hause kam, hatte ich richtig Tränen in den Augen, weil ich mich so gefreut habe sie wieder zu sehen.

Sie ist irgendwo ein ganz guter Ersatz für meine Eltern. (Die natürlich unersetzbar sind, aber ich denke es ist verständlich, was ich meine!!)

Das tägliche Kochen für die Familie macht mir sehr viel Spaß! Ich genieße die freien Minuten, Zeit zum Nachdenken und vor allem, die Freiheit zu kochen, was ich will! Bisher hat es auch allen geschmeckt und das ist natürlich die größte Freude des Kochs!

Als ich dann abends nach Hause kam, hatte Rita sich um Essen für mich und ihren Neffen (Maxim) gekümmert. Er ist 13 Jahre alt und versteht sich sehr gut mit Rita, deswegen ist er viel bei ihr.
Mittlerweile wissen hier eigentlich alle, wie gerne ich tanze und da unser Internet seid heute nicht mehr funktioniert, wollte Maxim Tanzen lernen.

Also haben wir mit meinem Laptop für Musik gesorgt und in meinem Zimmer (dem Wohnzimmer) angefangen zu tanzen. Am Aufwärmen hatte er nicht so viel Spaß aber als es dann richtig los ging nahm sein Ehrgeiz richtig zu. Hin und wieder kam Rita ins Zimmer und hat ihm (versucht) zu zeigen, wie es richtig geht!

Etwas das ich hier viel beobachte ist, dass die Mütter oft dazu neigen nach dem Motto: „ Du kannst das nicht! Lass mich das machen!“ zu handeln.
Den Kindern wird selten der Freiraum gelassen, etwas selbstständig zu üben.

Die Theorie meiner Gastmutter zu diesem Thema ist auch, dass daher vor allem die Männer nicht sonderlich selbstständig werden und oft ihr Leben lang regelrecht abhängig von den Frauen sind.

Kurz vor meiner Abreise habe ich mich in Deutschland mit einer Freundin auf einen Kaffee getroffen. Sie ist eine junge Bahai aus Freiburg und ich habe sie sehr ins Herz geschlossen.
Sie schenkte mir eine Wärmflasche mit einem selbst gestickten Überzug.
Unwissend wie wichtig das hier für mich werden würde, habe ich mich allein über die Geste so wahnsinnig gefreut! - WOW selbst gestickt!!

Mittlerweile weiß ich die Wärmflasche allerdings schon doppelt zu schätzen, denn Rita liebt es ihre Wohnung zu lüften!

Nach der Arbeit verbringe ich meine Zeit entweder mit Rita und ihrer Familie, oder ich bin alleine in meinem Zimmer. Da ich noch nicht wirklich viel Alternativen habe. Allerdings fällt mir auf, dass ich mich zunehmend mehr mit meinem Glauben auseinandersetze.
Die letzten Jahre habe ich wenig gebetet, obwohl das tägliche Gebet in der Bahai Religion sehr empfohlen, wenn nicht sogar als Pflicht betrachtet wird.
Hier allerdings greife ich öfter zu meinem Gebetbuch, als gewohnt. Es tut mir gut und ich denke darum geht es doch?! Wenn ich nur aus reinem Pflichtbewusstsein Beete, dann verliert es seinen Sinn!
Mir gibt das Beeten inzwischen wirklich Kraft. Es ist für mich ein gewisser Halt. Das vertraute, in der Fremde.

Von heute auf morgen täglich sehr viel Zeit mit zwei Kindern zu verbringen habe ich in Deutschland eindeutig unterschätzt. Nicht, weil es so anstrengend ist, sondern weil so viel Sozialkompetenz dazu nötig ist. Ständig überlege ich, ob ich mich denn auch wirklich richtig verhalte und wenn nicht, wie ich es besser machen kann.

Das Ganze hat mich so sehr beschäftigt, dass ich meine Eltern auf das Thema angesprochen habe und sie um Rat zu fragen.
Beide waren sich einig, dass ich zwar mir selber treu bleiben soll (im Sinne von, wenn irgendetwas ist, dass mir wiederstrebt das auch zu äußern), aber dennoch in diesem Jahr für die Kinder mehr eine Freundin, als ein Erzieher sein soll.
Dieser Rat hat mir sehr geholfen, vor allem auch um loszulassen von meiner Anspannung.
Ich werde im kommenden Jahr nicht alles richtig machen, aber ich werde mich darum bemühen eine gute Freundin zu sein!

Abends im Bett bin ich noch auf einen Bahai-Text gestoßen, den mir meine Mama vor einiger Zeit gegeben hat, in dem steht:

„ Das wirkliche Leben zu leben heißt: Nie die Ursache der Kummers für irgend jemanden werden.(...)“

Ein, wie ich finde, wunderbares Ziel. Wenn auch nicht gerade einfach.

In diesem Text, des Offenbarers der Bahai Religion (Baha'u'llah) stehen auch noch viele Andere interessante und schlaue Dinge.Aber für den Anfang ist das ein (Mein) Ziel fürs ganze Leben.


Oh und ich war gestern beim Friseur;)


2 Kommentare: